Dienstag, 15. November 2011

Kostenübernahme für Katheterisierung in einem Wohnheim?

 Der 8. Senat des Bundessozialgerichts hatte im Verfahren B 8 SO 16/09 R am Donnerstag, dem 10. November 2011 darüber entscheiden, ob bzw von wem und unter welchen Voraussetzungen die Kosten für ambulante Katheterisierungen in einem Wohnheim für be­hinderte Menschen von der Krankenkasse im Rahmen der häuslichen Krankenpflege bzw dem zuständigen Sozialhilfeträger im Rahmen der Eingliederungshilfe zu tragen sind.
Die 1981 geborene Klägerin ist schwerbehindert (Pflegestufe 3 nach dem SGB XI; GdB 100 mit Merkzeichen G, aG, B, H und RF). Sie lebt seit Februar 2006 in einer Behindertenwohn­stätte, mit deren Träger sie einen Heimvertrag abgeschlossen hat. Für diese Wohnstätte haben das beigeladene Heim und das Land Niedersachsen als überörtlicher Träger der Sozialhilfe unter anderem eine Leistungsvereinbarung abgeschlossen, die nach Ansicht des beigeladenen Heimes eine Harnblasenkatheterisierung nicht umfasst. Die Klägerin muss andererseits wegen einer Entleerungsstörung der Harnblase mehrmals täglich zur Restharn­ableitung katheterisiert werden; die Katheterisierung erfolgt durch einen ambulanten Dienst, dessen Kosten der Beklagte nur für die Zeit des Aufenthalts der Klägerin in der Förderstätte einer ‑ ebenfalls von der Beigeladenen zu 1 getragenen ‑ Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) zusätzlich übernommen hat. Während das Sozialgericht der Klage stattgegeben hat, hat das Landessozialgericht einen Anspruch gegen den Beklagten abgelehnt, weil dieser mit der an das beigeladene Wohnheim gezahlten Vergütung seine Leistungspflicht erfüllt habe. Aufgrund der mit dem beigeladenen Heim geschlossenen Leistungsvereinbarung sei dieses zur Katheterisierung verpflichtet; die Vergütung erfasse damit auch diese Leistung, sodass sich die Klägerin letztlich mit dem beigeladenen Heim auseinandersetzen müsse. Ein An­spruch gegen die beigeladene Krankenkasse scheitere daran, dass es sich bei dem Wohn­heim um eine stationäre Behinderteneinrichtung handele, in der die Gewährung einer häus­lichen Krankenpflege ausscheide.
Mit der Revision macht die Klägerin geltend, spätestens seit der Neufassung des § 37 Abs 2 SGB V zum 1. April 2007 sei ein Anspruch auf häusliche Krankenpflege allein wegen der Unterbringung in einer Einrichtung der Behindertenhilfe nicht ausgeschlossen; insoweit han­dele es sich um einen geeigneten Ort im Sinne dieser Vorschrift. Wenn ein Anspruch gegen­über der Krankenkasse nicht bestehe, habe sie jedenfalls einen Anspruch auf Über­nahme der Katheterisierungskosten gegen den Beklagten als Hilfe bei Krankheit bzw im Rahmen der Eingliederungshilfe.
Der Beklagte hat den Anspruch der Klägerin anerkannt, und die beigeladene Krankenkasse hat sich gegenüber dem beklagten Sozialhilfeträger verpflichtet, diesem die ab 1. April 2007 entstandenen Kosten zu erstatten.
 
Az.:  B 8 SO 16/09 R                          S.P.  ./.  Landkreis Lüneburg
                                                         beigeladen:  1. L. gGmbH Lüneburg
                                                                            2. AOK Niedersachsen


http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=ps&Datum=2011&nr=12212&pos=0&anz=29

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