Donnerstag, 22. Dezember 2011

Kein Weihnachtsbaum für bedürftige Kinder

Weihnachten unterm Lichterbaum könnte nach Befürchtungen des Deutschen Kinderhilfswerks für etliche Kinder in Hartz-IV-Familien in diesem Jahr ein Wunschtraum bleiben.
Kein Weihnachtsbaum für Hartz-IV Kinder
Grund sei, dass der Weihnachtsbaum bei der Neuberechnung der Hartz-IV-Sätze aus dem erforderlichen Grundbedarf herausgenommen wurde. Damit habe "eine besonders benachteiligte Gruppe durch veränderte Berechnungsgrundlagen nicht mal Anspruch auf den Weihnachtsbaum", heißt es in der Mitteilung des Kinderhilfswerkes vom 21.12.2011.
Bundesarbeitsministerium weist die Kritik zurück
Der volle Hartz-IV-Regelsatz sei 2011 von 359 auf 364 EUR erhöht worden. Zum Jahreswechsel steige er erneut um 10 EUR auf 374 EUR. "Jeder, der das möchte, kann sich von den über das Jahr gezahlten Leistungen zu Weihnachten einen Baum kaufen", sagte der Sprecher.
Es handele sich dabei um pauschalierte Zahlungen, "die der vorübergehenden Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums von hilfebedürftigen Menschen dienen und aus Steuermitteln finanziert werden". Welche Ausgaben daraus bestritten würden, liege "im Ermessen und der Verantwortung der Hilfebedürftigen selbst. Hier macht niemand Vorgaben."
Weihnachstbaum fiel Regelsatz-Neuberechnung zum Opfer
Bei der Regelsatz-Neuberechnung seien Positionen gestrichen und andere hinzu genommen worden.
Der Weihnachtsbaum gehörte noch bis 2010 zu den Positionen "Schnittblumen und Zimmerpflanzen" der Einkommens- und Verbraucherstichprobe (EVS), die der Hartz-IV-Regelsatzberechnung zugrunde liegt. Das Erwerbslosenforum Deutschland hatte den Wegfall des Weihnachtsbaumes aus der Bedarfsliste zuvor schon beklagt.


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Das ändert sich im neuen Jahr

Übersicht über die wesentlichen Änderungen und Neuregelungen, die zum 1. Januar bzw. zum Jahresbeginn 2012 im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales wirksam werden.
Kalenderblatt 2011-2012

1. Arbeitsmarktpolitik, Arbeitslosenversicherung und Grundsicherung für Arbeitsuchende

a) Neue Regelbedarfe in der Grundsicherung für Arbeitsuchende
Ab dem 1. Januar 2012 gelten neue Regelbedarfe in der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Für alleinstehende Bezieher von Arbeitslosengeld II und Sozialgeld („Hartz IV“) erhöht sich der Regelbedarf ab Jahresbeginn auf monatlich 374 €. Die Höhe der Regelbedarfsstufen ab 1.1.2012 im Einzelnen:
Regelbedarfsstufe 1
(alleinstehende und allerziehende Leistungsberechtigte):374€
Regelbedarfsstufe 2
(jeweils für zwei in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebende Partner):337€
Regelbedarfsstufe 3
(erwachsene Leistungsberechtigte, die in keinen
eigenen und keinen gemeinsamen Haushalt mit einem Partner führen):
299€
Regelbedarfsstufe 4
(Jugendliche von 14 bis unter 18 Jahre):287€
Regelbedarfsstufe 5
( Kinder von 6 bis unter 14 Jahre):251€
Regelbedarfsstufe 6
(Kinder von 0 bis unter 6 Jahre):219€
Einige vom Regelbedarf abhängigen Mehrbedarfe, zum Beispiel für Alleinerziehende, fallen ebenfalls höher aus.
Alle Bedarfsgemeinschaften erhalten bis Ende Dezember 2011 einen schriftlichen Bescheid der Bundesagentur für Arbeit über die für sie jeweils eintretenden Änderungen.
b) Neuer Absetzbetrag für Bundesfreiwillige, die Arbeitslosengeld II erhalten
Personen, die an einem Bundesfreiwilligendienst oder einem Jugendfreiwilligendienst teilnehmen und ergänzend Arbeitslosengeld II beziehen, erhalten künftig von ihrem Taschengeld einen pauschalierten Abzug von 175 € monatlich, ohne ihre Ausgaben (für Versicherungen und Werbungskosten) nachweisen zu müssen. Bislang war nur ein Betrag von 60 € vom Taschengeld anrechnungsfrei. Darüber hinaus konnten aber auf Nachweis Werbungskosten und Versicherungsbeiträge abgesetzt werden. Es ist sichergestellt, dass durch die neue Regelung kein Freiwilliger schlechter gestellt wird als nach der bisherigen Regelung.
c) Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer
Zum 1. Januar 2012 tritt die Verordnung zur Änderung und Aufhebung arbeitsgenehmigungsrechtlicher Vorschriften in Kraft. Mit der Verordnung wird die Arbeitsgenehmigungspflicht für die Beschäftigung von Fachkräften mit Hochschulabschluss, von Auszubildenden sowie von Saisonkräften aus Bulgarien und Rumänien bereits vor Eintritt der uneingeschränkten Arbeitnehmerfreizügigkeit ab dem Jahr 2014 aufgehoben. Die Befreiung der Saisonkräfte von der Arbeitsgenehmigungspflicht gilt für Beschäftigungen von bis zu sechs Monaten im Jahr in der Land- und Forstwirtschaft, im Hotel- und Gaststättengewerbe, in der Obst- und Gemüseverarbeitung sowie in Sägewerken. Für Beschäftigungen in den Berufen, die eine Berufsausbildung voraussetzen, wird die Arbeitserlaubnis bulgarischen und rumänischen Facharbeiterinnen und Facharbeitern künftig ohne Prüfung der Vermittlungsmöglichkeiten inländischer Arbeitsuchender erteilt, wenn die Arbeitsbedingungen denen vergleichbarer inländischer Beschäftigter entsprechen.
d) Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt
Die arbeitsmarktpolitischen Instrumente werden konsequent an folgenden Zielen ausgerichtet: mehr Dezentralität, höhere Flexibilität, größere Individualität, höhere Qualität, mehr Transparenz. Hierzu werden die Instrumente neu geordnet und die Regelungsdichte reduziert. Die Zahl der Instrumente wird um rund ein Viertel verringert, der Handlungsspielraum wird erweitert. Künftig bedürfen alle Träger, die Maßnahmen der Arbeitsförderung durchführen, und alle Maßnahmen, die mit einem Gutschein in Anspruch genommen werden können, einer externen Zulassung. Nicht verändert werden die Entgeltersatzleistungen und Teilhabeleistungen für behinderte und schwerbehinderte Menschen. Bei den Unterstützungsleistungen gibt es folgende wesentliche Änderungen:

Folgende Änderungen treten am Tag nach Verkündung des Gesetzes in Kraft. die Verkündung erfolgt voraussichtlich bis zum 31. Dezember 2011:
Gründungszuschuss
Der Gründungszuschuss wird vollständig in eine Ermessensleistung umgewandelt. Änderungen gibt es bei den Anspruchsvoraussetzungen und bei der Förderdauer: Voraussetzung für die Förderung ist künftig ein Anspruch auf Arbeitslosengeld von mindestens 150 Tagen (bisher 90 Tage). In den ersten sechs Monaten wird der Gründungszuschuss in Höhe des zuletzt gezahlten Arbeitslosengeldes geleistet zuzüglich 300 € monatlich als Pauschale für die soziale Absicherung (bisher neun Monate). In den folgenden neun Monaten beträgt der Gründungszuschuss 300 € monatlich (bisher sechs Monate).
Kurzarbeitergeld
Aufgrund der guten wirtschaftlichen Entwicklung und Prognosen enden die während der Wirtschaftskrise eingeführten Sonderregelungen zum Kurzarbeitergeld mit Ablauf des Jahres 2011. Ausgenommen hiervon ist die Regelung, dass Betriebssicherungsvereinbarungen, die vor dem Bezug von Kurzarbeitergeld abgeschlossen werden, um Arbeitsplätze zu erhalten, sich nicht mindernd auf die Höhe des anschließenden Kurzarbeitergeldes auswirken. Diese Regelung gilt unbefristet.

Folgende Änderung tritt zum 1. Januar 2012 in Kraft:
Insolvenzgeldumlage
Der Anspruch der Arbeitnehmer auf Insolvenzgeld wird durch eine von den Arbeitgebern zu zahlende monatliche Umlage finanziert. Im Jahr 2010 betrug der Umlagesatz noch 0,41 Prozent bezogen auf das Arbeitsentgelt, nach dem die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für die im Betrieb Beschäftigten einschließlich der Auszubildenden bemessen werden. Da sich die Wirtschaft unerwartet positiv entwickelt hat, kam es im Jahr 2010 zu einem Überschuss bei der Insolvenzgeldumlage, so dass im Jahr 2011 keine Umlage erhoben werden musste und der Überschuss aus dem Jahr 2010 im Jahr 2011 nicht vollständig aufgebraucht wurde. Es bleibt daher bei einem niedrigen Umlagesatz für das Jahr 2012 in Höhe von 0,04 Prozent.

Folgende Änderungen treten zum 1. April 2012 in Kraft:
Aktivierung und berufliche Eingliederung
Bei den Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung wird neben dem Vergabeverfahren ein alternatives Gutscheinverfahren eingeführt (Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein, AVGS). Damit wird die Möglichkeit der individuellen bedarfsgerechten Unterstützung noch weiter ausgebaut und der qualitätsgesicherte Wettbewerb der Anbieter von Arbeitsmarktdienstleistungen gestärkt. Der Vermittlungsgutschein für die Beauftragung privater Arbeitsvermittler wird für alle Arbeitsuchenden als dauerhafte Ermessensleistung in die Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung integriert. Für die Bezieher von Arbeitslosengeld gibt es einen Rechtsanspruch auf einen AVGS zur Vermittlung in ein versicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis nach sechs Wochen Arbeitslosigkeit. Die mögliche Dauer einer betriebsnahen Erprobungsphase bei einem Arbeitgeber wird von vier auf bis zu sechs Wochen erhöht. Für Langzeitarbeitslose und junge Menschen mit schweren Vermittlungshemmnissen im Rechtskreis des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) wird die mögliche Dauer dieser Erprobungsphasen auf bis zu zwölf Wochen verlängert.
Berufswahl und Berufsausbildung
Die Berufseinstiegsbegleitung der Bundesagentur für Arbeit wird aufgrund der ersten positiven Ergebnisse bei hälftiger finanzieller Beteiligung Dritter dauerhaft eingeführt. Sie kann perspektivisch an allen allgemeinbildenden Schulen durchgeführt werden. Die Einstiegsqualifizierung bleibt unverändert als Regelinstrument erhalten. Außerdem wird die anteilige investive Förderung von Jugendwohnheimen ermöglicht.
Berufliche Weiterbildung
Aufgrund der aktuellen Herausforderungen des demografischen Wandels werden die Förderungsmöglichkeiten der beruflichen Weiterbildung weiterentwickelt. Die verschiedenen Regelungen werden zusammengefasst. Bei der Förderung der Weiterbildung von älteren Beschäftigten in kleinen und mittleren Unternehmen wird die Möglichkeit einer anteiligen Übernahme der Weiterbildungskosten durch die Bundesagentur für Arbeit eröffnet. Befristet auf drei Jahre wird diese Weiterbildungsförderung auch für Beschäftigte unter 45 Jahren ermöglicht. Der Arbeitgeber muss mindestens 50 Prozent der Kosten übernehmen.
Für den Rechtskreis SGB II wird eine Möglichkeit geschaffen, gezielt Weiterbildungsmaßnahmen einzukaufen. Für arbeitsmarktfernere Personengruppen, die Schwierigkeiten im Umgang mit dem Bildungsgutschein haben, wird damit der Zugang zu beruflicher Weiterbildung erleichtert.
Aufnahme einer Erwerbstätigkeit
Die Eingliederungszuschüsse für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden vereinheitlicht und gestrafft. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, bleibt die Förderhöchstdauer von 36 Monaten beim Eingliederungszuschuss für weitere drei Jahre bis zum Ende des Jahres 2014 erhalten. Des Weiteren gelten unverändert erweiterte Fördertatbestände für Menschen mit Behinderung. Zur Vermeidung von Förderlücken werden die Regelungen zur Förderung der Weiterbildung beschäftigter Arbeitnehmer, zum Eingliederungszuschuss für Ältere sowie zum Vermittlungsgutschein bis zum 31. März 2012 verlängert.
Öffentlich geförderte Beschäftigung
Die Instrumente der öffentlich geförderten Beschäftigung in der Grundsicherung für Arbeitsuchende werden zu zwei Instrumenten zusammengefasst. Gefördert werden Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung (§ 16d SGB II) und Arbeitsverhältnisse durch Zuschüsse zum Arbeitsentgelt (§ 16e SGB II). Beide Instrumente sind nachrangig zur Pflichtleistung der Vermittlung sowie zu den Ermessensleistungen zur Eingliederung, die auf eine unmittelbare Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt zielen. Im Bereich des SGB III entfallen zukünftig die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen aufgrund der negativen Evaluationsergebnisse.
Leistungen zur Eingliederung von Selbständigen
Die bisherige Regelung zu Darlehen/Zuschüssen für Selbständige im Leistungsbezug des SGB II (§ 16c SGB II) wird um die Möglichkeit ergänzt, gezielt Beratung und Kenntnisvermittlung zu fördern. Inbegriffen ist sowohl die Möglichkeit der Förderung von Coaching als auch der Begleitung bei der Unternehmensabwicklung (z.B. zur Vermeidung von Ver- oder Überschuldung).
Freie Förderung
Bei der freien Förderung wird das Aufstockungs- und Umgehungsverbot für Langzeitarbeitslose und junge Menschen mit schwerwiegenden Vermittlungshemmnissen vollständig aufgehoben. Die Jobcenter haben damit eine weitere Möglichkeit, flexibel auf die komplexen Problemlagen der betroffenen Menschen einzugehen. Für die Förderung von Arbeitsverhältnissen (§ 16e SGB II) und die Freie Förderung (§ 16f SGB II) wird ein gemeinsames Budget von 20 Prozent der örtlichen Eingliederungsmittel vorgesehen. Die Jobcenter können flexibel entscheiden, zu welchem Anteil sie die Mittel für welches Instrument einsetzen.

e) Zweiter Schritt zur Umsetzung der Jobcenter-Reform
Zum 1. Januar 2012 nehmen zusätzlich zu den derzeit bereits bestehenden 67 zugelassenen kommunalen Trägern (Optionskommunen) weitere 41 Landkreise und kreisfreie Städte die Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) in kommunaler Eigenregie wahr. Damit sind ab dem Jahr 2012 25 Prozent aller örtlichen Jobcenter im SGB II als Optionskommunen organisiert. 75 Prozent der Jobcenter bleiben als gemeinsame Einrichtungen bestehen, die vor Ort von den Agenturen für Arbeit und den Kommunen gebildet werden. Unabhängig von der örtlichen Organisationsstruktur ist für die Bürgerinnen und Bürger die für die Leistungserbringung zuständige Stelle immer an der Bezeichnung „Jobcenter“ erkennbar. Die gesetzliche Erweiterung des Optionsmodells im SGB II mit Wirkung zum 1. Januar 2012 wurde von Bundestag und Bundesrat im Rahmen der Jobcenter-Reform im Jahr 2010 beschlossen.
f) Mehr Transparenz und Vergleichbarkeit der Jobcenter  durch einheitliches Zielsteuerungssystem
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, die Länder, die Bundesagentur für Arbeit und die kommunalen Spitzenverbände haben sich auf ein einheitliches Zielsteuerungssystem verständigt. Damit erfolgt die Steuerung der Jobcenter unabhängig von der Trägerschaft (Arbeitsagentur und Kommunen gemeinsam für die so genannten gemeinsamen Einrichtungen und die Kommunen alleine für die so genannten zugelassenen kommunalen Träger) über einheitliche Regelungen. Auf diese Weise wird Transparenz und Vergleichbarkeit hergestellt. Neben den gesetzlich vorgegebenen Zielen „Verringerung der Hilfebedürftigkeit“, „Verbesserung der Integration in Erwerbstätigkeit“ und „Vermeidung von langfristigem Leistungsbezug“ können weitere Ziele vereinbart werden.

2. Arbeitsrecht und Arbeitsschutz

a) Verordnung über eine Lohnuntergrenze in der Arbeitnehmerüberlassung
Mit der am 1. Januar 2012 in Kraft tretenden Verordnung wird erstmals eine verbindliche untere Grenze für die Entlohnung in der Zeitarbeit festgesetzt. Die Höhe des Mindeststun­denentgelts ist regional differenziert und beträgt ab 1. Januar 2012 für Ostdeutschland ein­schließlich Berlin 7,01 € und 7,89 € für alle übrigen Bundesländer. Das Mindeststundenent­gelt wird im Osten zum 1. November 2012 auf 7,50 € bzw. 8,19 € im Westen angehoben. Die Geltungsdauer der Verordnung ist bis zum 31. Oktober 2013 befristet.

b) Mindestlohn-Verordnung für das Dachdeckerhandwerk
Am 1. Januar 2012 tritt die sechste Mindestlohn-Verordnung für das Dachdeckerhandwerk in Kraft. Bei dieser Mindestlohn-Verordnung handelt es sich um eine Folgeverordnung zu der am 31. Dezember 2011 außer Kraft tretenden fünften Mindestlohn-Verordnung für das Dachdeckerhandwerk. Der bundesweit verbindliche Mindeststundenlohn der Branche wird ab dem 1. Januar 2012 auf 11,00 € und ab dem 1. Januar 2013 auf 11,20 € angehoben. Die Geltungsdauer der Verordnung ist bis zum 31. Dezember 2013 befristet.

c) Mindestlohn-Verordnung für das Gebäudereinigerhandwerk
Am 1. Januar 2012 tritt die dritte Mindestlohn-Verordnung für das Gebäudereiniger­handwerk in Kraft. Bei dieser Mindestlohn-Verordnung handelt es sich um eine Folgever­ordnung zu der am 31. Dezember 2011 außer Kraft tretenden zweiten Mindestlohn-Verord­nung in der Gebäudereinigung. Mit dem Erlass der dritten Mindestlohn-Verordnung in der Gebäudereinigung wird der Min­deststundenlohn in der Innen- und Unterhaltsreinigung im Westen ab 1. Januar 2012 auf 8,82 € und ab dem 1. Januar 2013 auf 9,00 € angehoben. Im Osten wird er ab 1. Januar 2012 auf 7,33 € und ab dem 1. Januar 2013 auf 7,56 € angehoben. Die Mindeststundenlöhne in der Glas- und Außenreinigung betragen ab dem 1. Januar 2012 im Westen unverändert 11,33 €. Im Osten beträgt der Mindeststundenlohn weiterhin 8,88 € und steigt am 1. Januar 2013 auf 9,00 €. Die Geltungsdauer der Mindest­lohn-Verordnung ist bis zum 31. Oktober 2013 befristet.

d) Neues Arbeitsrecht bei illegaler Ausländerbeschäftigung
Das Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union und zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex enthält u. a. wichtige arbeitsrechtliche Regelungen zum Schutz illegal beschäftigter Ausländer (§ 98a Aufenthaltsgesetz). Entsprechend den Vorgaben des Unionsrechts wird Ausländern, die von einem Arbeitgeber illegal beschäftigt wurden, künftig die Durchsetzung ihrer Vergütungsansprüche erleichtert. Dazu sind zwei widerlegbare Vermutungen geschaffen worden:
  • Es wird davon ausgegangen, dass der Ausländer drei Monate beschäftigt worden ist und dass ihm die für die Beschäftigung übliche Vergütung zusteht.
  • Neben dem Arbeitgeber haften grundsätzlich alle beteiligten Unternehmer, in deren Auftrag der Arbeitgeber tätig ist, für die Vergütungsansprüche des illegal beschäftigten Ausländers. 
Siehe hierzu auch unten unter 3. h). Das Gesetz ist am 26. November 2011 in Kraft getreten.

3. Sozialversicherung, Rentenversicherung und Sozialgesetzbuch

a) Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung
Der Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung ab dem 1. Januar 2012  beträgt 19,6 Prozent in der allgemeinen Rentenversicherung und 26,0 Prozent in der knappschaftlichen Rentenversicherung.
b) Anhebung der Altersgrenzen: Rente mit 67 startet schrittweise
Im Jahr 2012 startet für Neurentner die Rente mit 67 und damit die schrittweise Anhebung der Altersgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Die schrittweise Anhebung der Altersgrenze für die Regelaltersrente beginnt 2012 für diejenigen, die im Jahr 1947 geboren sind: Diese Altersgrenze beträgt nun 65 Jahre und 1 Monat. Für die folgenden Geburtsjahrgänge erhöht sich die Regelaltersgrenze zunächst um je einen weiteren Monat; später wird in Stufen von zwei Monaten pro Jahrgang angehoben. Erst für die Jahrgänge 1964 und jünger wird die Regelaltersgrenze bei 67 Jahren liegen.
Die Anhebung der Regelaltersgrenze wirkt sich auch auf andere Rentenarten aus.
Bei der Altersrente für langjährig Versicherte mit 35 Versicherungsjahren bleibt es beim frühestmöglichen Renteneintritt mit 63 Jahren. Allerdings wird die Altersgrenze für den abschlagsfreien Bezug dieser Altersrente schrittweise erhöht. Entsprechend erhöhen sich die Abschläge bei vorzeitigem Bezug von bisher maximal 7,2 % um 0,3 % für jeden Monat der Anhebung. Davon betroffen sind Versicherte, die im Jahr 1949 geboren sind. Für die im Januar 1949 Geborenen wird die Altersgrenze um einen Monat, für die im Februar 1949 Geborenen um zwei Monate und für die im März bis Dezember 1949 Geborenen um drei Monate angehoben. Mit dieser schnelleren Anhebung bei vorgezogenen Altersrenten wird die für die Jahrgänge 1947 und 1948 unterlassene Anhebung ab 2012 für diese Rentenart nachgeholt und ein Gleichklang zur Anhebung der Regelaltersgrenze erreicht. Für Versicherte, die ab März 1949 geboren sind, erfolgt die Anhebung wieder parallel zur Regelaltersgrenzenanhebung.
Bei der Altersrente für schwerbehinderte Menschen wird die Altersgrenze sowohl für den vorzeitigen als auch für den abschlagsfreien Bezug angehoben. Betroffen ist der Geburtsjahrgang 1952. Auch hier erfolgt die Anhebung anfangs beschleunigt, um die für die Jahrgänge 1947 bis 1951 unterlassene Anhebung nachzuholen und den Gleichklang zur Anhebung der Regelaltersgrenze herzustellen. Die Altersgrenze wird daher von Januar bis Juni 2012 um insgesamt 6 Monate angehoben. Für Versicherte, die ab Juni 1952 geboren sind, erfolgt die Anhebung wieder parallel zur Regelaltersgrenzenanhebung.
Besonderer Vertrauensschutz besteht für Versicherte, die vor dem 1. Januar 2007 Vereinbarungen über Altersteilzeitarbeit abgeschlossen haben. Für sie bleiben die bisherigen Altersgrenzen gültig. Bei den auslaufenden Rentenarten Altersrente für Frauen und Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit werden die Altersgrenzen nicht angehoben. Diese Altersrenten können allerdings nur noch Versicherte in Anspruch nehmen, die vor dem 1. Januar 1952 geboren wurden.
Zusätzlich wird zum 1. Januar 2012 eine neue Rentenart eingeführt: Die Altersrente für besonders langjährig Versicherte. Liegen mindestens 45 Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung, selbständige Tätigkeit oder Pflege sowie mit Zeiten der Kindererziehung bis zum 10. Lebensjahr des Kindes vor, können diese Versicherten weiter mit 65 Jahren ohne Abschläge in Rente gehen.

c) Künstlersozialversicherung
Der Abgabesatz der Künstlersozialabgabe wurde unverändert auf 3,9 Prozent festgesetzt.
d) Sozialversicherungsrechengrößen
Mit der Verordnung über die Sozialversicherungsrechengrößen 2012 wurden die maßgeblichen Rechengrößen der Sozialversicherung gemäß der Einkommensentwicklung im Jahr 2010 aktualisiert. Das Verordnungsverfahren und die Festlegung der Werte erfolgen in sich jährlich wiederholender Routine auf Grundlage gesetzlicher Bestimmungen. Die Rechengrößen der Sozialversicherung 2012 im Überblick:

Rechengrößen der Sozialversicherung 2012:
 WestOst
 MonatJahrMonatJahr
Beitragsbemessungsgrenze:
allgemeine Rentenversicherung
5.600 €67.200 €4.800 €57.600 €
Beitragsbemessungsgrenze:
knappschaftliche Rentenversicherung
6.900 €82.800 €5.900 €70.800 €
Beitragsbemessungsgrenze:
Arbeitslosenversicherung
5.600 €67.200 €4.800 €57.600 €
Versicherungspflichtgrenze:
Kranken- u. Pflegeversicherung
4.237,50 €50.850 €4.237,50 €50.850 €
Beitragsbemessungsgrenze:
Kranken- u. Pflegeversicherung
3.825 €45.900 €3.825 €45.900 €
Bezugsgröße in der
Sozialversicherung
2.625 €*31.500 €*2.240 €26.880 €
     
vorläufiges Durchschnittsentgelt/
Jahr in der Rentenversicherung
32.446 €
* In der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung gilt dieser Wert bundeseinheitlich.
e) Mindestbeitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung
Der Mindestbeitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung ab dem 1. Januar 2012  beträgt 78,40 €.
f) Gleitzonenfaktor 2011
Ab dem 1. Januar 2012 gilt für Beschäftigte in der Gleitzone (400,01 bis 800,00 € Entgelt im Monat) der neue Gleitzonenfaktor 0,7491.
g) Sachbezugswerte 2011
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat jährlich den Wert der Sachbezüge nach dem tatsächlichen Verkehrswert im Voraus anzupassen und dabei eine möglichst weitgehende Übereinstimmung mit den Regelungen des Steuerrechts sicherzustellen. Die Werte für Verpflegung und Unterkunft werden daher jährlich an die Entwicklung der Verbraucherpreise angepasst. Der Verbraucherpreisindex für Verpflegung ist im maßgeblichen Zeitraum von Juni 2010 bis Juni 2011 um 1,1 Prozentpunkte und für Unterkunft oder Mieten um 3 Prozentpunkte gestiegen. Auf dieser Grundlage wurden die Monatswerte für die Verpflegung für 2012 von 217 auf 219 € und der Wert für Unterkunft oder Mieten von 206 auf 212 € angehoben.
h) Änderungen im Vierten Buch Sozialgesetzbuch und in anderen Gesetzen
Am 1. Januar 2012 tritt das Vierte Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze in Kraft, dass eine Reihe von insbesondere für Arbeitgeber relevanten Änderungen enthält: 
Versicherungspflicht von Teilnehmenden an praxisintegrierten dualen Studiengängen
Die Versicherungspflicht von Teilnehmenden an praxisintegrierten dualen Studiengängen wird in der Kranken-, Pflege-, Rentenversicherung- und der Arbeitsförderung für die gesamte Dauer des Studiengangs einheitlich geregelt. Die Teilnehmenden werden den zur Berufsausbildung Beschäftigten gleichgestellt und damit in allen Zweigen der Sozialversicherung wieder versicherungspflichtig.
Beschäftigungsfiktion von drei Monaten
Gemäß der Sanktionsrichtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates wird bei der Aufdeckung von illegaler Beschäftigung eine Beschäftigungsfiktion von drei Monaten für die Fälle eingeführt, in denen keine verwertbaren Dokumente über die tatsächliche Dauer der Beschäftigung vorliegen (siehe dazu auch oben unter 2. d).
Voller Sozialversicherungsschutz
Zeiten von bis zu drei Monaten, in denen Arbeitsentgelt aus einer flexiblen Arbeitszeitgestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder zum Ausgleich von Produktions- und Arbeitszeitzyklen weitergezahlt werden, werden im Zuge einer Neuregelung Zeiten der Entnahme von Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben gleichgestellt. Damit gilt für diese Beschäftigten der volle Sozialversicherungsschutz weiter, der sonst nach vier Wochen geendet hätte.
Beitrags- und Meldeverfahren
Anpassungen gibt es auch im Beitrags- und Meldeverfahren. Bei Arbeitgebern, die entweder selbst behindert sind oder Menschen mit Behinderung beschäftigen, und deren Aufwendungen einschließlich der Sozialversicherungsbeiträge durch die Sozialhilfe erstattet werden, wird die Fälligkeit der Beiträge um einen Monat aufgeschoben. So entsteht keine zeitliche Lücke zwischen Zahlung und Erstattung der Beiträge. Das Verfahren wird so deutlich einfacher und alle Seiten werden von Verwaltungskosten entlastet.
Eine weitere Entlastung der Arbeitgeber bedeutet der Wegfall von Beschäftigtenkopien derjenigen Meldungen, die ausschließlich die Unfallversicherung betreffen.
Es wird klargestellt, dass Bescheinigungen im sogenannten Entgeltersatzleistungs-Verfahren nicht zwingend in das Basismodul eines Entgeltabrechnungsprogramms aufgenommen werden müssen. Jeder Arbeitgeber kann auch zukünftig entscheiden, ob er sein Programm entsprechend erweitert oder im Einzelfall eine Bescheinigung über eine Ausfüllhilfe weitergibt. Diese Regelung entlastet insbesondere kleinere Arbeitgeber mit wenigen Mitarbeitern. Für größere mittelständische und Großunternehmen ist das Verfahren über eine Ausfüllhilfe nicht geeignet. 
Krankenkassen sollen in Fällen einer Mehrfachbeschäftigung in der Gleitzone oder bei Überschreiten der Beitragsbemessungsgrenzen nun das erzielte Gesamtentgelt des Beschäftigten an die Arbeitgeber melden, um Übertragungsfehler zu vermeiden. Ab dem 1. Januar 2013 soll auch bei Überschreiten der Beitragsbemessungsgrenzen eine monatliche Rückmeldung der Krankenkassen erfolgen, so dass eine Rückrechnung über mehr als 12 Monate unterbleibt.
Das Gesetz stellt darüber hinaus klar, dass Arbeitgeber für eine elektronisch unterstützte Betriebsprüfung durch die Rentenversicherung optieren können. Die Umsetzung dieser optionalen elektronischen Betriebsprüfung wird zur Entlastung insbesondere kleinerer Betriebe führen.
i) Gesetz zur Stärkung der Finanzkraft der Kommunen
Mit dem am 1.1.2012 in Kraft tretenden Gesetz zur Stärkung der Finanzkraft der Kommunen werden diese in einem ersten Schritt im Jahr 2012 um 1,2 Mrd. € entlastet. Denn der Bund erstattet anstatt bisher 16 Prozent nunmehr 45 Prozent der Nettoausgaben des Vorvorjahres in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Ab dem Jahr 2014 wird der Bund die entsprechenden Ausgaben vollständig erstatten. 

4. Zusätzliche Altersvorsorge: Riester-Rente

Ab dem 1. Januar 2012 gelten bei der Riester-Rente verbraucherfreundlichere Regelungen: So können ab diesem Zeitpunkt eigene Beiträge nachgezahlt werden, die irrtümlich nicht geleistet wurden mit der Folge, dass Zulagen zurückgefordert wurden. Mit der Nachleistung der Beiträge bleiben die Zulagen erhalten. Das Verfahren wird unbürokratisch ablaufen: Riester-Sparer zahlen in der Vergangenheit aus Versehen bzw. unwissentlich nicht geleistete eigene Beiträge auf ihr Riester-Konto und geben ihrem Anbieter Bescheid, für welche Jahre diese Zahlungen bestimmt sind. Um alles andere kümmern sich der Anbieter und die Zulagenstelle. Die Zulagenstelle wird die zurückgeforderte Zulage automatisch wieder auf den Riester-Vertrag der Betroffenen zurückzahlen.
Hintergrund der Neuregelung waren Fälle, in denen Personen schleichend von der mittelbaren in die unmittelbare Zahlungsberechtigung wechselten. Mittelbar zulageberechtigt ist zum Beispiel ein Ehegatte, der nicht berufstätig ist und dessen Ehegatte einen Riester-Vertrag hat. Der nicht berufstätige Ehegatte muss dann keine Beiträge auf seinen eigenen Riester-Vertrag einzahlen. Für die Auszahlung der vollen Altersvorsorgezulage ist es ausreichend, wenn der berufstätige Ehegatte den von ihm geforderten Eigenbeitrag auf seinen Vertrag einzahlt. Sobald der nicht berufstätige Ehegatte allerdings selbst rentenversicherungspflichtig wird, zum Beispiel nach der Geburt eines Kindes, muss er in dieser Zeit einen Eigenbeitrag leisten. Er ist dann unmittelbar zulageberechtigt.
Für die Zukunft wird das Problem dadurch gelöst, dass ab 2012 alle Riester-Sparer immer einen Eigenbeitrag von mindestens 60 € im Jahr (also fünf € pro Monat) auf ihren Vertrag einzahlen müssen, um die volle Zulage zu erhalten. Die Regeln für die Zulageberechtigung werden damit einfacher und transparenter. Die Änderung verdeutlicht zudem, dass die Riester-Rente keine vollkommen vom Staat finanzierte Zusatzrente ist, sondern immer ein – wenn auch mit mindestens fünf € monatlich sehr geringer – eigener Sparbeitrag gefordert wird. Wer bisher mittelbar zulagenberechtigt war und keine Eigenbeiträge leistete, profitiert in Zukunft davon, dass diese Eigenbeiträge die Zusatzrente erhöhen.

5. Politik für Menschen mit Behinderungen: Erhöhung der Ausgleichsabgabe

Alle privaten und öffentlichen Arbeitgeber mit mindestens 20 Arbeitsplätzen sind verpflichtet, wenigstens 5 Prozent dieser Plätze mit schwerbehinderten Menschen zu besetzen. Für jeden nicht mit einem schwerbehinderten Menschen besetzten Pflichtarbeitsplatz muss eine Ausgleichsabgabe gezahlt werden. Zum 1. Januar 2012 erhöht sich die Ausgleichsabgabe wie folgt:
Erfüllungsquote   
3 bis unter 5 Prozent 105 €115 €
2 bis unter 3 Prozent180 €200 €
0 bis unter 2 Prozent260 €290 €
Die erhöhten Sätze sind erstmals zum 31. März 2013 zu zahlen, wenn die Ausgleichsabgabe für das Jahr 2012 fällig wird.

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Stand: 19.12.2011
 

Mittwoch, 21. Dezember 2011

Durchführung des Sozialen Entschädigungsrechts; hier: Ausgleichsrente für jugendliche Schwerbeschädigte (§ 34 BVG):

Vb 2 - 54 423 21. November 2011
Rundschreiben

- Berechnungsgrundlagen
- Konkurrenzverhältnis zum Jugendhilferecht (SGB VIII)
Überregionaler Erfahrungsaustausch vom 29. August bis 1. September 2011
Beim Überregionalen Erfahrungsaustausch wurde die Frage erörtert, nach welchen Maßstäben
die Ausgleichsrente für schwerbeschädigte Kinder und Jugendliche nach § 34 Bundesversorgungsgesetz
(BVG) zu berechnen ist.
Dabei wurde deutlich, dass bei den Ländern grundsätzliches Interesse an einer bundesweiten
Vereinheitlichung der Berechnungsgrundlage für die Ausgleichsrente besteht.
1. Berechnungsgrundlage
Ich bin der Auffassung, dass auf eine unterhaltsrechtliche Grundlage unter Anwendung
der unterhaltsrechtlichen Leitlinien der „Düsseldorfer Tabelle“ zum Mindestbedarf bzw. zum
Selbstbehalt des unterhaltspflichtigen Angehörigen abzustellen ist. Ob und welcher Höhe ein
Anspruch auf Ausgleichsrente besteht, richtet sich danach, ob bei dem schwerbeschädigten
Kind bzw. Jugendlichen unter Abzug anderer ihm zustehender Leistungen (z. B. Kindergeld)
ein Bedarf besteht, der durch die unterhaltspflichtigen Angehörigen nicht gedeckt werden
kann.
Für die unterhaltsrechtliche Berechnungsgrundlage spricht zum einen der Wortlaut des § 34
Abs. 2 BVG, der unter anderem auf die „unterhaltsverpflichteten Angehörigen“ des jugendlichen
Schwerbeschädigten und auf die Lehrlingsvergütung (Ausbildungsvergütung) verweist,
Seite 2 von 4 die im Zivilrecht im Bezug zum Unterhaltsanspruch steht, weil sie auf den Unterhaltsanspruch
anzurechnen ist (vgl. § 1577 BGB).
Zum anderen spricht der Sinn und Zweck von § 34 BVG für eine unterhaltsrechtliche Berechnungsgrundlage.
Die Ausgleichsrente hat keinen (sozialhilferechtlichen) Grundsicherungs-,
sondern einen Schadensausgleichscharakter. Mit der Ausgleichsrente nach § 34
BVG soll eine Lücke beim Unterhaltsbedarf geschlossen werden, für die der Staat ausgleichspflichtig
ist. Die Ausgleichsrente kommt daher nur in Betracht, wenn der Jugendliche
nicht über Einkommen oder Unterhaltsansprüche verfügt, aus denen der Lebensunterhalt,
die Erziehung und Ausbildung bestritten werden können.
2. Verhältnis zum Kinder- und Jugendhilferecht (SGB VIII)
Geht man von einem unterhaltsrechtlichen Charakter der Ausgleichsrente nach § 34 BVG
aus, so stellt sich das Problem des Konkurrenzverhältnisses zum Kinder- und Jugendhilferecht.
Gem. § 97 SGB VIII kann der erstattungsberechtigte Träger der öffentlichen Jugendhilfe die
Feststellung einer Sozialleistung (hier nach dem BVG) betreiben und anschließend Leistungen
nach den §§ 102 ff. SGB X beantragen (zu den Formerfordernissen im Erstattungsverfahren
siehe Urteil des BSG vom 10. Dezember 2002 [B 9 VG 6/ 01 R]). Eine Pflicht zur Leistungserstattung
an den Träger der öffentlichen Jugendhilfe besteht grundsätzlich auch im
Falle der Ausgleichsrente nach § 34 BVG, da Verpflichtungen anderer Sozialleistungsträger
gemäß § 10 Abs. 1 SGB VIII gegenüber Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe vorrangig
sind.
Allerdings muss in diesem Fall eine Kongruenz zwischen Unterhaltsleistungen und (Haupt-)
Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe bestehen. Voraussetzung hierfür ist das Bestehen
miteinander konkurrierender Leistungsverpflichtungen unterschiedlicher Sozialleistungsträger,
d. h. beide Träger müssen hinsichtlich der geeigneten und erforderlichen Hilfe im Einzelfall
zur Leistung verpflichtet sein. Dies setzt nach der Verwaltungsrechtssprechung gleiche,
gleichartige, einander entsprechende, kongruente, einander überschneidende oder deckungsgleiche
Leistungen voraus (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom
29.03.2010 - 12 BV 08.942). In Betracht kommt eine Kongruenz für Leistungen nach dem
SGB VIII, bei denen als Annex auch Leistungen zum Unterhalt gewährt werden. Dies sind
Leistungen nach § 13 Abs. 3 Satz 2, nach § 19 Abs. 3, nach § 21 Satz 2, nach § 39 und
nach § 42 Abs. 2 Satz 3 SGB VIII. Zu diesen Annexleistungen kann die Ausgleichsrente, die
der Bestreitung des Unterhalts dient, in Konkurrenz stehen. Wegen ihrer Vorrangigkeit bleibt
Seite 3 von 4 sie von den Unterhaltsleistungen der Kinder- und Jugendhilfe unberührt. Sie muss somit weiterhin
an das schwerbeschädigte Kind/den schwerbeschädigten Jugendlichen ausgezahlt
werden.
Damit das schwerbeschädigte Kind/der schwerbeschädigte Jugendliche den Unterhalt oder
Teile des Unterhaltes nicht doppelt erhält (durch Zahlung der Ausgleichsrente und durch die
Unterhaltsleistung der Kinder- und Jugendhilfe), regelt § 93 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII, dass
Leistungen, die dem gleichen Zweck wie die jeweiligen Leistungen der Jugendhilfe dienen,
unabhängig von einem Kostenbeitrag einzusetzen sind. Durch diese Regelung im Kostenbeitragsrecht
wird der Vorrangigkeit der Unterhaltszahlung aus anderen Sozialleistungen gegenüber
den Unterhaltsleistungen der Kinder- und Jugendhilfe Rechnung getragen. Das
heißt, dass für das schwerbeschädigte Kind/ den schwerbeschädigten Jugendlichen die
Ausgleichsrente nach § 34 BVG direkt an den Träger der Kinder- und Jugendhilfe auszuzahlen
ist, wenn und soweit der Träger der Kinder- und Jugendhilfe bei der Versorgungsbehörde
einen Erstattungsanspruch geltend macht und ein gegenüber dem Hilfeempfänger erteilter
rechtsverbindlicher Leistungsbescheid vorgelegt wird. Durch diesen muss ein konkreter
Kostenbeitrag unter Einsatz der dem gleichen Zweck wie die jeweilige Jugendhilfeleistung
dienenden Ausgleichsrente betragsmäßig festgesetzt und vom Hilfeempfänger erhoben werden.
Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass die Ausgleichsrente nach § 34 BVG vorrangig
gegenüber Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe ist, gilt allerdings für die Hilfen zur Erziehung
nach §§ 27 ff SGB VIII. So fehlt es hier an einer Kongruenz zwischen der Ausgleichsrente
und den Hilfen zur Erziehung, also an einer Vergleichbarkeit der Leistungen. Die Leistungen
nach §§ 27 ff. SGB VIII, insbesondere die in § 33 SGB VIII geregelte Vollzeitpflege,
verfolgen nämlich ein anderes, nicht mit der bloßen Gewährung finanzieller Zuwendungen -
wie z. B. von Renten - vergleichbares Ziel. Anders als bei der Gewährung von Renten nach
dem BVG geht es bei den Leistungen nach den §§ 27 ff. SGB VIII nicht in erster Linie um die
Linderung finanzieller Notlagen durch Geldzuwendungen. Vielmehr wird die Persönlichkeitsentwicklung
des Kindes im Mittelpunkt der Leistungen gestellt. Hieraus folgt, dass die Prüfung,
ob eine Ausgleichsrente zu gewähren ist, ausschließlich anhand der Vorgaben des § 34
BVG, mithin also nach dem tatsächlichen Unterhaltsbedarf des Kindes, zu erfolgen hat (vgl.
Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 23.11.2011 -Az. L 10 VE 40/10).
Werden dementsprechend z. B. bei Unterbringung in einem Heim oder einer Pflegefamilie
die hierbei anfallenden Kosten bereits in vollem Umfang durch die Leistungen der Kinderund
Jugendhilfe gedeckt, entfällt der Unterhaltsanspruch gegen die Eltern zwar nicht dem
Grunde nach; die Höhe des Anspruches kann sich aber durch die Übernahme der Kosten
reduzieren oder der Anspruch kann ganz entfallen (vgl. BGH vom 06.12.2006 – XII ZR
197/04).
Seite 4 von 4 Besteht somit im Einzelfall aufgrund der nach den §§ 27ff. SGB VIII erbrachten Leistungen
kein Unterhaltsbedarf mehr, kommt ein Anspruch auf die ausschließlich bedarfsbezogene
Ausgleichsrente nach § 34 BVG nicht mehr in Betracht.
Im Auftrag
Wältermann
Beglaubigt
Tarifbeschäftigte

Quelle:BMAS -Newsletter Rundschreiben vom21.12.2011
http://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Rundschreiben-SE/rundschreiben-soziale-entschaedigung-vb-2-54-423.pdf;jsessionid=E4F966B015DBBB77C906A1849818C67B?__blob=publicationFile

Samstag, 10. Dezember 2011

Im Pflegeheim lebende Frau erhält wegen des Vermögens ihres Ehemanns keine Sozialhilfe

Sozialhilfe zur Pflege wird nur geleistet, soweit den Pflegebedürftigen oder deren Ehegatten bzw. Lebenspartnern nicht zuzumuten ist, die Pflegekosten zu tragen. Ein Ehegatte oder Lebenspartner kann jedoch nicht herangezogen werden, wenn er vom Pflegebedürftigen getrennt lebt. Allein aus der Unterbringung in einem Pflegeheim folgt eine Trennung allerdings nicht. Hiervon ist vielmehr erst bei einem nach außen erkennbaren Trennungswillen auszugehen. Dies entschied in einem heute veröffentlichten Urteil der 7. Senat des Hessischen Landessozialgerichts.

Ehemann beruft sich auf Getrenntleben und klagt auf Übernahme der
Pflegekosten
Eine an Alzheimer erkrankte Frau lebt seit 2007 im Pflegeheim im Landkreis Bergstraße. Einen Teil der Kosten tragen Beihilfe bzw. Pflegeversicherung. Wegen der übrigen Kosten in Höhe von rund 1.800 € monatlich wandte sich der seit 2003 als Betreuer bestellte Ehemann an den Sozialhilfeträger. Dieser lehnte die Kostenübernahme ab, weil aufgrund des Vermögens der Eheleute keine Hilfebedürftigkeit vorliege. Dem widersprach der in Frankfurt lebende Ehemann der 70-Jährigen. Aufgrund des Heimaufenthalts und der Erkrankung lebe er von seiner Frau getrennt, so dass sein Einkommen und Vermögen nicht heranzuziehen sei.

Nur bei nach außen erkennbarem Trennungswillen kann Einkommen des Ehepartners unberücksichtigt bleiben
Die Richter beider Instanzen folgten der Argumentation des Sozialhilfeträgers. Ein nach außen erkennbarer Trennungswille des als Betreuer bestellten Mannes sei nicht feststellbar. Vielmehr habe der 68-Jährige erst ganz zum Ende des Gerichtsverfahrens behauptet, sich von seiner Frau trennen und die Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft aufgeben zu wollen. Nach außen erkennbar war dieser Wille aber bis zuletzt nicht. Zudem sei - so die Richter - keineswegs belegt, dass das Vermögen allein ihm und nicht auch seiner Ehefrau gehöre.


(AZ L 7 SO 194/09 – Die Revision wurde nicht zugelassen. Das Urteil wird unter www.lareda.hessenrecht.hessen.de ins Internet eingestellt.)


Hinweise zur Rechtslage
§ 19 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe- (SGB XII)

(1) Hilfe zum Lebensunterhalt (…) ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.
(2) (…)
(3) Hilfen zur Gesundheit, Eingliederungshilfe für behinderte Menschen, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen werden nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist.
(…)
Quelle: Hessisches LSG   mehr >>
Darmstadt, den 5. Dezember 2011
PM Nr. 32/11

Donnerstag, 1. Dezember 2011

SPD verlangt Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention


Die deutschen Gesetze müssen auf ihre Vereinbarkeit mit der UN-Behindertenrechtskonvention (BRK) überprüft werden. Das fordert die SPD-Fraktion in einem Antrag (17/7942), der heute vom Bundestag beraten wird. Inklusion und Teilhabe seien keine Sonderrechte, vielmehr konkretisiere die BRK lediglich die Menschenrechte von Menschen mit Behinderung. Es gebe einen gewaltigen themenübergreifenden Handlungsbedarf, um festzustellen, ob die geltende Rechtslage der Konvention entspricht, schreiben die Abgeordneten. In ihrem Antrag formulieren sie einen umfangreichen Maßnahmenkatalog unter anderem zu den Bereichen Bewusstseinsbildung und Gleichstellung, Assistenz und Mobilität, Arbeit und berufliche Rehabilitation, Bildung, Kinder und Familie, Barrierefreiheit und Bahnverkehr. So fordern sie zum Beispiel ein Konzept für ein „Disability Mainstreaming“ für Politik und Gesetze, um Vorurteile abzubauen und ein Bewusstsein zu schaffen, das sensibel für Menschen mit Behinderung ist. Gesetze, die Menschen mit Behinderung betreffen, dürften nicht ohne deren Beteiligung entstehen, heißt es in dem Antrag. Außerdem müsse geprüft werden, welche Leistungen zur sozialen Teilhabe zukünftig ganz oder teilweise einkommens- und vermögensunabhängig ausgestaltet werden können. Ein bestehender Teilhabebedarf dürfe grundsätzlich nicht zur Sozialhilfe-Abhängigkeit führen. Die Abgeordneten verlangen außerdem eine konsequente Umsetzung der inklusiven Bildung und eine komplette Barrierefreiheit im Öffentlichen Personenverkehr.
 
 
hib - heute im bundestag Nr. 499  www.bundestag.de
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Do, 1. Dezember 2011 Redaktionsschluss: 09:45 Uhr