Mittwoch, 29. August 2012

Ausschluss ausländischer Staatsangehöriger mit humanitären Aufenthaltstiteln vom Bundeserziehungsgeld und vom Bundeselterngeld verfassungswidrig

Nach dem bis zum 31. Dezember 2006 geltenden Bundeserziehungsgeldgesetz 
in der hier maßgeblichen Fassung von 2006 (BErzGG) und dem am 1. Januar 
2007 in Kraft getretenen Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) 
ist die Gewährung von Erziehungs- bzw. Elterngeld an ausländische 
Staatsangehörige davon abhängig, über welche Art von Aufenthaltstiteln 
die Betroffenen verfügen (§ 1 Abs. 6 BErzGG und § 1 Abs. 7 BEEG). Die 
zum unbefristeten Aufenthalt berechtigende Niederlassungserlaubnis führt 
immer zur Anspruchsberechtigung. Hingegen sind die Inhaber einer 
befristeten Aufenthaltserlaubnis grundsätzlich nur dann 
anspruchsberechtigt, wenn die Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer 
Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt hat. Vom Anspruch auf 
Erziehungs- oder Elterngeld auch dann grundsätzlich ausgenommen sind 
allerdings ausländische Staatsangehörige, denen der Aufenthalt aus 
völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen erlaubt ist. Für 
die Inhaber solcher humanitärer Aufenthaltserlaubnisse gilt jedoch eine 
Rückausnahmeregelung, wonach sie dann einen Anspruch auf Erziehungs- 
oder Elterngeld haben, wenn sie sich seit mindestens drei Jahren 
rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten und eines der in § 1 Abs. 6 Nr. 3b 
BErzGG bzw. § 1 Abs. 7 Nr. 3b BEEG genannten Merkmale der 
Arbeitsmarktintegration erfüllen, das heißt im Bezugszeitraum entweder 
im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig sind, Arbeitslosengeld I 
beziehen oder Elternzeit in Anspruch nehmen.  
Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat die vorgelegten 
Vorschriften wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus 
Art. 3 Abs. 1 GG und gegen das Verbot der geschlechtsbezogenen 
Diskriminierung aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG für nichtig erklärt. 

Bundesverfassungsgericht - Pressestelle -

Pressemitteilung Nr. 65/2012 vom 29. August 2012
Beschluss vom 10. Juli 2012
1 BvL 1/10, 1 BvL 3/10, 1 BvL 4/10, 1 BvL 3/11

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