Dienstag, 13. September 2011

Normenkontrollantrag zur Regelung der Vergütung von Berufsbetreuern unzulässig

Die Vergütung von Berufsbetreuern ist im Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz 
(BVG) geregelt. Der bei der Vergütungsfestsetzung anzusetzende Zeitaufwand 
des Betreuers ist in § 5 VBVG pauschal bestimmt. Danach wird der Stundenansatz 
allein nach der Dauer der Betreuung und dem gewöhnlichen Aufenthaltsort des 
Betreuten bemessen, d. h. ob dieser in einem Heim oder zu Hause lebt. Auf den 
tatsächlichen Betreuungsaufwand kommt es nicht an. Der für die Betreuung einer 
mittellosen Person ansetzungsfähige und damit vergütungsrelevante 
Zeitaufwand ist gegenüber dem bei Betreuung einer bemittelten Person geringer 
bemessen. Im ersten Fall ist die Vergütung aus der Staatskasse zu entrichten, 
während der bemittelte Betreute selbst mit der Betreuervergütung belastet wird. 
 
Im Ausgangsverfahren ordnete das Betreuungsgericht für die vermögende 
Betroffene eine vorläufige Betreuung an, die lediglich die 
Aufgabenkreise Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitsfürsorge umfasste
und nach rund sechs Monaten wieder aufgehoben wurde. Die Betroffene 
legte gegen die vom Amtsgericht festgesetzte Vergütung der 
Berufsbetreuerin Beschwerde ein mit der Begründung, dass die Betreuerin 
tatsächlich viel weniger Stunden tätig gewesen sei als der Vergütung 
pauschal zugrunde gelegt worden seien. 

Das Landgericht hat dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Prüfung 
vorgelegt, ob die Regelung der Vergütung von Berufsbetreuern bei nicht 
mittellosen Betreuten, für die nur die Aufgabenkreise 
Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitsfürsorge angeordnet wurden, mit dem 
allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar ist. Wenn 
die Aufgabenkreise derart beschränkt seien, entspreche der Zeitaufwand 
nicht dem Zeitaufwand in den Fällen, in denen weitere Aufgabenkreise 
angeordnet würden. Dies führe zu einer unangemessen hohen Belastung der 
bemittelten Betreuten in der betreffenden Fallgruppe. Die Anzahl dieser 
Betroffenen sei auch nicht so gering, dass die Ungleichbehandlung unter 
dem Gesichtspunkt der dem Gesetzgeber bei Massenerscheinungen 
zustehenden Typisierungs- und Pauschalierungsbefugnis hinzunehmen wäre. 
Die 2. Kammer des Ersten Senats hat entschieden, dass die Vorlage 
unzulässig ist, weil das Landgericht die Verfassungswidrigkeit der 
Vergütungsregelung nicht hinreichend dargelegt hat. Soweit es ausführt, 
dass die Grenze der bei Pauschalierungen im Einzelfall hinzunehmenden 
Härte überschritten und daher eine Verletzung des allgemeinen 
Gleichheitssatzes gegeben sei, fehlt es an einer zahlenmäßigen 
Grundlage, die eine hinreichend sichere Feststellung zum Umfang des 
betroffenen Personenkreises erlaubt. Auch die Annahme des Gerichts, dass 
der Zeitaufwand bei Betreuungen, die nur die Aufgabenkreise 
Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitsfürsorge umfassten, regelmäßig 
geringer sei, als die in § 5 VBVG vorgesehenen pauschalen 
Stundenansätze, ist nicht belegt. 

Zudem setzt sich das Landgericht nicht mit der Rechtsprechung des 
Bundesverfassungsgerichts zur Pauschalierung von Vergütungsregelungen 
auseinander. So geht es nicht darauf ein, dass Gebührenordnungen jeder 
Art für die Betroffenen Vor- und Nachteile aufweisen und es der 
Einschätzung des Gesetzgebers auf der Grundlage verfügbarer Erkenntnisse 
überlassen ist, welchem Vergütungssystem in einer bestimmten Situation 
der Vorrang zu geben ist. Ferner wird nicht die Frage erörtert, ob es 
nicht verfassungsrechtlich hinzunehmen ist, dass Vergütungspauschalen 
auf der Grundlage von Mischkalkulationen zwangläufig dazu führen, dass 
in Einzelfällen die gesetzlich festgelegte Vergütung nicht 
leistungsäquivalent ist. Soweit das Landgericht die Möglichkeit von 
Ausnahmeregelungen für die betroffene Fallgruppe benennt, setzt es sich 
nicht mit der Frage auseinander, wie sich derartige besondere 
Abrechnungsmöglichkeiten mit dem Ziel des Gesetzgebers in Einklang 
bringen lassen, ein möglichst einfaches Vergütungssystem vorzusehen. 

Schließlich befasst sich die Vorlage auch insoweit nicht mit der 
verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung, als das Landgericht die 
Verfassungsmäßigkeit der höheren Zeitansätze für bemittelte Betreute 
gegenüber denjenigen für mittellose Betreute bezweifelt. So hat das 
Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, dass das damit vom 
Gesetzgeber verfolgte Ziel der Schonung der Haushaltskassen legitim ist 
und er bei der Herabsetzung der Stundenansätze für mittellose Betreute 
die verfassungsrechtlichen Grenzen nicht überschritten hat. 
 
Quelle: Bundesverfassungsgericht - Pressestelle -
Pressemitteilung Nr. 58/2011 vom 13. September 2011
Beschluss vom 18. August 2011 1 BvL 10/11

Montag, 12. September 2011

Neue Freifahrtregelung für Schwerbehinderte

Die Deutsche Bahn schafft zum 1. September 2011 in allen ihren Nahverkehrszügen eine neue, großzügige, bundesweit einheitliche Regelung für die freifahrtberechtigten schwerbehinderten Menschen. 
Riesige Erleichterung im Alltag: Ab  dem 1. September 2011 bietet die Deutsche Bahn einen neuen Service für Menschen mit Behinderungen an: freifahrtberechtigte schwerbehinderte Menschen im Nahverkehr der Deutschen Bahn benötigen keine Tickets mehr - egal wie weit sie fahren. Bisher konnten die etwa 1,4 Millionen Menschen mit beispielsweise Seh- oder Gehbehinderungen nur in Nahverkehrszügen in einem Radius von 50 Kilometern um den Wohnort kostenlos fahren.
In der Praxis heißt das ab 1. September 2011: Der grün-rote Schwerbehindertenausweis und ein Beiblatt mit Wertmarke (Kosten: 5 Euro im Monat, für Grundsicherungsempfänger und Blinde kostenlos) müssen weiterhin mitgeführt werden. Aber sie reichen als Fahrausweis deutschlandweit im Nahverkehr aus.
Die 50-km-Beschränkung in § 147 Abs. 1 Nr. 5 SGB IX wird gestrichen werden. Diese Regelung soll am 1. Januar 2012 in Kraft treten.
Stand: 01.09.2011  Pressemiteilung des BMAS

Mittwoch, 7. September 2011

Anwälte beraten vor Jobcenter Charlottenburg-Wilmersdorf 08.09.2011

Irren ist amtlich
1.9.2011 – Berliner Arbeitslosenzentrum
Am Donnerstag, 8. September 2011 findet vor dem Jobcenter Charlottenburg-Wilmersdorf am U-Bahnhof Spichernstraße ein so genannter Anwalttag statt. In der Zeit von 9 bis 13 Uhr unterstützen vor dem Amtsgebäude in der Bundesallee 206 mehrere Rechtsanwälte eine mobile Hartz-IV-Beratung, die vom Berliner Arbeitslosenzentrum evangelischer Kirchenkreise veranstaltet wird. Die Beratung ist kostenlos.
Interessierte sollten ihre Unterlagen mitbringen.
Der Beratungsbus der Wohlfahrtsverbände ist seit Mitte August auf Jobcenter-Tour. Am nächsten Montag und Dienstag macht der Bus Station in Spandau, bevor er Donnerstag und Freitag in Wilmersdorf hält.
Quelle: Pressemitteilung desBerliner Arbeitslosenzentrums evangelischer Kirchenkreise

Keine erneute Weiterleitung von Rehabilitationsanträgen

Ein einem Rehabilitationsträger von einem anderen Träger zugeleiteter Rehabilitationsantrag darf nicht ein zweites Mal weitergeleitet oder an den erstangegangenen Träger zurückgeleitet werden. In diesem Zusammenhang ist nicht zu prüfen, ob dem erstangegangenen Träger ein rechtsmissbräuchliches Verhalten zur Last fällt. Dies hat das Landessozialgericht in einem am 01.09.2011 veröffentlichten Beschluss vom 16.08.2011 L 5 KR 175/11 B ER entschieden. Die Regelung des § 14 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) dient dem Schutz behinderter Menschen vor Zuständigkeitsstreitigkeiten der Rehabilitationsträger. Danach stellt der Rehabilitationsträger, bei dem zuerst ein Antrag auf Rehabilitation (im konkreten Fall ein Antrag auf Übernahme der Kosten für die Unterbringung in einem Wohnheim für junge Menschen mit Essstörungen) gestellt wird, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu. Erfolgt keine Weiterleitung innerhalb der Frist, muss nach § 14 Abs. 2 SGB IX der erstangegangene Rehabilitationsträger den Bedarf des Betroffenen unter allen rechtlichen Gesichtspunkten prüfen und entsprechende Leistungen erbringen, bei fristgerechter Weiterleitung der zweitangegangene Träger. Mit dieser Schutzfunktion ist eine erneute Weiterleitung oder gar eine Rückübertragung an den zuerst angegangenen Rehabilitationsträger nicht zu vereinbaren. Dies gilt zur Vermeidung von Zuständigkeitsstreitigkeiten auf dem Rücken der Betroffenen sogar dann, wenn die erste Weiterleitung unberechtigt oder sogar rechtmissbräuchlich erfolgte.
Beschluss vom 16.8.2011, Aktenzeichen: L 5 KR 175/11 B ER
 
Quelle: Pressemeldung Landessozialgericht RP vom 01.09.2011
Herausgeber:Landessozialgericht Rheinland-Pfalz